Democracy & War Online

Informations-Plattform zum Hauptseminar "Demokratischer Frieden - Demokratische Kriege" am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2005/06

20.12.05

Antinomien des demokratischen Friedens

Sitzung am 6.12.2005

Zentrale Frage:


Warum führen bestimmte Demokratien Kriege? (→ Antinomien des demokratischen Friedens)

Drei unterschiedliche Erklärungen dieser Antinomien:

1. Institutionalistischer Ansatz:


- Transformation der Präferenzen der Bevölkerung durch die Institutionen
(Bevölkerung will keinen Krieg)
- Transparenz: Sicherheitsdilemma wird entschärft
- Checks and balances
- Demokratien gehen rechtliche Verregelungen ein

Müllers Kritik:

- Durch Institutionen entsteht keine Kausalität.

2. Rationalistischer Ansatz: (z.B. Bruce Bueno de Mesquita)


- Messbare Fakten als Basis
- Regierungen wollen wiedergewählt werden
- Demokratischer Frieden ist ein Abschreckungsfrieden, da Demokratien in hohem Ma-ße mobilisieren können
- Nachweis durch Spieltheorie

Müllers Kritik:

- Demokratien haben weniger Kriegskosten zu tragen als Nicht-Demokratien, zum Beispiel aufgrund der Professionalisierung der Armee)
- Nicht die breite Bevölkerung tritt an die Entscheidungsträger heran, sondern Lobby-gruppen


3. Normativer Ansatz: (z.B. Ernst-Otto Czempiel)

- Menschenbild: Menschen sind vernünftig und gleich
- Achtung von Gesetzen und Achtung von Minderheiten
- Höheres Konfliktverhalten von Demokratien nur dann, wenn eine Ausbeutung ihrer Normen droht (→ Krieg zum Schutz)

Müllers Kritik:

- Demokratien teilen sich auf in pazifistische und militante Demokratien
- Allianzbildungen haben sich verändert
- Verengung der winning coalitions
- Die Bevölkerung ist in sicherheitspolitischen Fragen nicht die winning coalition
(→ Demokratien setzen nicht den Willen des Volkes um)

Zuordnung der verschiedenen Ansätze zur jeweiligen Handlungslogik

Handlungslogiken:

1. Logik der Konsequentialität
→ nutzenmaximierende Akteure (homo oeconomicus)

2. Logik der Angemessenheit
→ Handeln vereinbar mit Normen und Regeln

3. Logik des argumentativen Handelns
→ Öffentliche Meinung ist wichtig; verständigungsorientiert; kommunikatives Handeln

Fragen:

- Auf welcher Logik sind die Theorien zu verorten?
- Sind die Logiken kompatibel?
- Können Handlungslogiken ineinander übergehen bzw. verschmelzen?

Vorgehen:

- Um die Theorie einer Handlungslogik zuzuordnen, fragt man nach ihrem Erkenntnisinteresse

Probleme:


- Theorien sind komplex und können mehrere Untergruppierungen haben, wie zum Beispiel der Institutionalismus

Bearbeitet von Manuela Seiberth

Monadische Illusion

Sitzung am 29.11.2005

These 1: Demokratien sind nicht weniger kriegsgeneigt als nicht-demokratische Regime: Ansätze, die allein auf die innerstaatliche Verfasstheit abzielen, scheitern an der Empirie.

• Henderson: Demokratien führen sogar mehr Kriege.
• Problematisch bei Henderson: Viele intervenierende Variablen, zudem führen wenige Staaten relativ viele Kriege  Notwendige Differenzierung verschiedener Demokratien?
• These 1 könnte so uneingeschränkt falsch sein. Welche Faktoren müssen noch berücksichtigt werden? Großmachtstatus (z.B. normative Überlegenheit als Ordnungsmacht)? Konkurrenz (als dyadischer Faktor)?
• Desillusion vor allem über die Anwendung von large-n-Methoden auf den DF? "Erbsenzählerei führt nicht weiter".
• Henderson ist spannend, weil er die Monade TESTET, und nicht nur "spekuliert".
• Dabei wird die „Demokratisierungsthese“ in Frage gestellt.
• Beitrag zur analytischen Klarheit! Frage: Wie lassen sich die Ebenen auseinander halten? Inwiefern bedingen sich die Ebenen gegenseitig?
• zB: Initiierung und Beteiligung an Kriegen aufgrund monadischer Faktoren?
• Zwischenfazit: Erst mal das ganze Buch lesen, nicht nur ein Kapitel.

These 2: Die Ebenen lassen sich in der Operationalisierung nicht trennscharf unterscheiden.

• Inwiefern ist das Phänomen „Demokratie“ über Raum und Zeit immer vergleichbar?
• Zunächst die Ebenen getrennt analysieren, dann zusammenführen?
• "Demokratie": Notwendige oder Hinreichende Bedingung, oder gleich beides?
• z.B. Europäische Union: Wie die Ebenen analytisch trennen?
• Problem bei Henderson: Wo ist der "Kalte Krieg" als Variable in der Analyse?
• Ebenso: Welchen Einfluss hat der Faktor "westliche Demokratie", im Gegensatz zu „Demokratie allgemein“? Gibt es regionale Bedingungen, die insbesondere für Israel und Indien (und USA) relevant sind?

These 3: Gewalt und Ordnung bedingen sich gegenseitig.

• Zugespitzt: Machen bestimmte Ordnungsstrukturen bestimmte Formen von Gewaltanwendung wahrscheinlich?
• Systemische Norm des "territoritialen Status Quo" (1945-1989) ersetzt durch Norm der "humanitären Intervention" (nach 1989)?
• Faktoren: Führt die Illusion selbst zur Normbildung?
• Demokratietheoretischer Gedanke: Auch Demokratien wandeln sich (starker Fokus auf den "Output" (Elitendemokratie), geringere Legitimation der Demokratie. Die Eliten können sich aber auf der Systemebene (UNO usw.) mit ihren Vorstellungen einbringen. Damit führt der Wandel auf monadischer Ebene zum Wandel im System.
• Zum Kostenargument: Im Kalten Krieg war das Kalkül ziemlich klar: Wenn es schief geht, dann geht es richtig schief.
• Was heißt denn "System"? Die Verteilung militärischer Macht? Die Art, über das System nachzudenken? Schwieriger Begriff!

These 4: Zunehmender Interventionismus ist ein Ergebnis der veränderten systemischen Legitimitätsstrukturen (also normativen Neubestimmung) seit dem Ende des Kalten Kriegs.

• Martha Finnemore: Bis 1815 gab es überhaupt kein gemeinsames Verständnis darüber, was eine „Intervention“ ist. Seitdem ist im westlichen System die "Intervention" zu einem spezifischen Tool geworden, der eine bestimmte Bedeutung erlangt hat.
• Seit 1989 wird der Begriff wieder verstärkt verwendet ("humanitäre Intervention").

Bearbeitet von Jens Fischer

6.12.05

Bueno de Mesquita mal anders

The Trial of Ebenezer Scrooge

Over the roughly century-and-a-half since Dickens's A Christmas Carol was first published, many hardy souls have attempted sequels. (Dickens himself steadfastly avoided so following up his fictions, for reasosns of his own, but that is quite another matter.) These authors have tried to detail what happened in Scrooge's life after his meeting with the Ghost of Christmas Yet To Come, as opposed to the relatively summary way Dickens dealt with the issue at the end of the story. But Bruce Bueno de Mesquita, Ph.D., Senior Fellowat the Hoover Institution at Stanford University, in his new novel The Trial of Ebenezer Scrooge (Columbus, OH: The Ohio State University Press, 2001), has conceived "with tongue lodged in cheek, but not too firmly," an ingenious variation. With keen intellect and superb narrative skill, he has wrought a Platonic courtroom dialogue, as it were, of what happened after the repentant miser's DEATH -- in the Court of Heavenly Justice, before the Judge of All, long after Scrooge's demise and well into the twentieth century. His trial is to decide if his reformation was genuine, rather than a Faustian put - on - thus, if he is to go to heaven or hell. Dr. Bueno de Mesquita adroitly fixes Ebenezer Scrooge's lifespan as 1774 - 1857, and shows by his equally adroit scholarship that A Christmas Carol may be a more complex piece of literature han we had hitherto thought, saturated as we are by Alistair Sim and other film renditions. In his Preface, the author points out that "I hope to raise our awarenessof how quickly and unjustly we may judge others," and that Scrooge's story had "similarities to the life of Faust. Scrooge lived an exemplary life until he was visited by the Ghost of Christmas Yet to Come."
Mr Scrooge, in other words, may have been a private man, but a generous one. The basic problem is that Charles Dickens's depiction of him early in the tale (as perceived by most) has obscured his subsequent humane deeds. But we must remember that Scrooge, when a boy, had been cruelly abandoned by his father (though his kind sister Fan eventually brought him back home). In later life he maintained a solid, if imperfect, friendship with his business partner, Jacob Marley -- who, in turn, proved the substantiality of this relationship by procuring for Scrooge his one chance to escape eternal damnation, with no hope of gain for Marley himself. There is also Eppie, a character borrowed from George Eliot's Silas Marner; she, along with her mother Molly, staunchly advocates Scrooge's hope of heaven.

Though confident that he has been a good man, Scrooge still is timorous about "knocking at Heaven's gate," and spends well over a century wandering through eternity, much in the manner of Jacob Marley. (This pennance in itself might argue in Scrooge's behalf against the claims of his heavenly adversaries that he is a cold, selfish egotist.) Tiny Tim, now grown, (though still a cripple), is Scrooge's lawyer in the afterlife. Professor Blight, lately of Oxford, is his prosecuting attorney and Mr. Hiram Dewars II is a key witness agianst him. These latter two, though their names are of Bueno de Mesquita's contriving, represent business partners of Scrooge in the original tale. Dr. Bueno de Mesquita also re-examines the relationship between Tiny Tim and Bob Cratchit, suggesting that Scrooge's clerk cared more for himself than for his son, who, in this tale, becomes the image of the Scrooge Dickens created. It is also worth noting that Dr. Bueno de Mesquita makes a cogent argument that part of Scrooge's PR problem was that he, though a Gentile, was in the business of moneylending, a profession that left him a victim of the anti - semitism then rife in England.

Bueno de Mesquita provides textual evidence that Scrooge, who had a high opinion of himself and feared death, struck a Faustian bargain with the Ghost of Christmas Yet To Come -- to serve that Spirit's Master, the Devil.for a slightly longer life on earth. But his dear friend Eppie, risking her own eternal salvation, breaks the Courtroom's ice by giving Scrooge the opportunity to save himself -- and her. Can Scrooge rise to this test? Well, Mr. Charles Dickens, humanly flawed though he may have been, is still Scrooge's Creator, and waits in the wings.

--Kenneth Mintz