Democracy & War Online

Informations-Plattform zum Hauptseminar "Demokratischer Frieden - Demokratische Kriege" am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2005/06

20.12.05

Monadische Illusion

Sitzung am 29.11.2005

These 1: Demokratien sind nicht weniger kriegsgeneigt als nicht-demokratische Regime: Ansätze, die allein auf die innerstaatliche Verfasstheit abzielen, scheitern an der Empirie.

• Henderson: Demokratien führen sogar mehr Kriege.
• Problematisch bei Henderson: Viele intervenierende Variablen, zudem führen wenige Staaten relativ viele Kriege  Notwendige Differenzierung verschiedener Demokratien?
• These 1 könnte so uneingeschränkt falsch sein. Welche Faktoren müssen noch berücksichtigt werden? Großmachtstatus (z.B. normative Überlegenheit als Ordnungsmacht)? Konkurrenz (als dyadischer Faktor)?
• Desillusion vor allem über die Anwendung von large-n-Methoden auf den DF? "Erbsenzählerei führt nicht weiter".
• Henderson ist spannend, weil er die Monade TESTET, und nicht nur "spekuliert".
• Dabei wird die „Demokratisierungsthese“ in Frage gestellt.
• Beitrag zur analytischen Klarheit! Frage: Wie lassen sich die Ebenen auseinander halten? Inwiefern bedingen sich die Ebenen gegenseitig?
• zB: Initiierung und Beteiligung an Kriegen aufgrund monadischer Faktoren?
• Zwischenfazit: Erst mal das ganze Buch lesen, nicht nur ein Kapitel.

These 2: Die Ebenen lassen sich in der Operationalisierung nicht trennscharf unterscheiden.

• Inwiefern ist das Phänomen „Demokratie“ über Raum und Zeit immer vergleichbar?
• Zunächst die Ebenen getrennt analysieren, dann zusammenführen?
• "Demokratie": Notwendige oder Hinreichende Bedingung, oder gleich beides?
• z.B. Europäische Union: Wie die Ebenen analytisch trennen?
• Problem bei Henderson: Wo ist der "Kalte Krieg" als Variable in der Analyse?
• Ebenso: Welchen Einfluss hat der Faktor "westliche Demokratie", im Gegensatz zu „Demokratie allgemein“? Gibt es regionale Bedingungen, die insbesondere für Israel und Indien (und USA) relevant sind?

These 3: Gewalt und Ordnung bedingen sich gegenseitig.

• Zugespitzt: Machen bestimmte Ordnungsstrukturen bestimmte Formen von Gewaltanwendung wahrscheinlich?
• Systemische Norm des "territoritialen Status Quo" (1945-1989) ersetzt durch Norm der "humanitären Intervention" (nach 1989)?
• Faktoren: Führt die Illusion selbst zur Normbildung?
• Demokratietheoretischer Gedanke: Auch Demokratien wandeln sich (starker Fokus auf den "Output" (Elitendemokratie), geringere Legitimation der Demokratie. Die Eliten können sich aber auf der Systemebene (UNO usw.) mit ihren Vorstellungen einbringen. Damit führt der Wandel auf monadischer Ebene zum Wandel im System.
• Zum Kostenargument: Im Kalten Krieg war das Kalkül ziemlich klar: Wenn es schief geht, dann geht es richtig schief.
• Was heißt denn "System"? Die Verteilung militärischer Macht? Die Art, über das System nachzudenken? Schwieriger Begriff!

These 4: Zunehmender Interventionismus ist ein Ergebnis der veränderten systemischen Legitimitätsstrukturen (also normativen Neubestimmung) seit dem Ende des Kalten Kriegs.

• Martha Finnemore: Bis 1815 gab es überhaupt kein gemeinsames Verständnis darüber, was eine „Intervention“ ist. Seitdem ist im westlichen System die "Intervention" zu einem spezifischen Tool geworden, der eine bestimmte Bedeutung erlangt hat.
• Seit 1989 wird der Begriff wieder verstärkt verwendet ("humanitäre Intervention").

Bearbeitet von Jens Fischer