Democracy & War Online

Informations-Plattform zum Hauptseminar "Demokratischer Frieden - Demokratische Kriege" am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2005/06

8.2.06

Ergebnisprotokoll vom 31.1.2006

Privatisierung und Kommerzialisierung des Krieges

1. Private Security Companies sind wegen ihres weiten Aufgaben- und Angebotfeldes und deren Einfluss auf den Kriegsverlauf schwer zu typologisieren. Sinnvoll erscheint die Verträge zwischen PSC´s und demokratischen Staaten als zentrale Analyseeinheit zu verwenden (vgl. Holmqvist; Chojnacki). In der Praxis ist dieses jedoch problematisch da die Verträge nicht öffentlich zugänglich sind, die Aufgaben nicht immer eindeutig vertraglich geregelt sind und Aufträge von PSC´s teilweise mit Hilfe von Subunternehmern erfüllt werden.
2. Es ist eine deutliche Zunahme der Privatisierung militärischen Aufgaben durch PSC´s zu verzeichnen (steigende Anzahl von PSC und steigendes Auftragsvolumen). Dabei haben offensive- oparationale Aufgaben an der Frontlinie („Tip of the spear“) seit den 70er Jahren abgenommen (Chojnacki SFB). Aufgaben jenseits des „Tip of the spear“ sind angestiegen. Eine Unterscheidung zwischen defensiven und offensiven Aufgaben ist kritisch zu beurteilen, da sich die Sicherheitslage und die Einsätze von PSC´s dynamisch gestalten und der Einfluss der PSC´s auf die Frontlinie auch ohne Kampfbeteiligung groß sein kann. Zu bedenken gilt auch, dass PSC´s nach marktwirtschaftlichen Logiken handeln, d.h. das Angebot richtet sich nach der Nachfrage. Markwirtschaftliche und sicherheitspolitische Dynamiken lassen bei der Aufgabenbeschreibung von PSC´s nur eine Momentaufnahme zu.
3. PSC´s erweitern durch Flexibilität, Spezialisierungsgrad und „men power“ die Möglichkeiten militärischer Interventionen, die normativen Grenzen des Einsatzes von PSC´s bleiben unklar.
4. Die Privatisierung offenbart ein normatives Dilemma. Einerseits operieren sie in einer rechtlichen Grauzone, Menschenrechtsverletzungen können nur eingeschränkt verfolgt werden, Kontrollmechanismen sind unzureichend. Auf der anderen Seite sind PSC´s für die Implementierung von humanitärer Hilfe und friedlichen Interventionen notwendig.
5. Der Einsatz von PSC´s kann eine weitere Reduzierung von Transparenz in Bezug auf Kriegsverläufe, Kriegsgeschehen und den Grad tatsächlicher Involvierung von demokratischen Staaten in Kriegen haben. Bezogen auf die normativen und rationalistischen Argumente für den demokratischen Friedens kann die Privatisierung verschiedene Auswirkungen haben:
a) Die rationalistischen und normativen Argumente für den demokratischen Frieden werden ausgehöhlt, die Interventionsfreudigkeit von Demokratien steigt: Die tatsächlichen eigenen Opfer und der monetären Kosten werden durch PSC´s verschleiert. Die Wahrnehmung von Interventionen/ Kriegen in der demokratischen Öffentlichkeit verändert sich, Normen verschieben sich. Die Kosten- Nutzen Rechnung und normativen Bewertungen verlagert sich zugunsten von militärischen Interventionen und Kriegen.
b) Die rationalistischen und normativen Argumente für den demokratischen Frieden werden durch den Einsatz von PSC´s nicht tangiert. Finanzielle Kosten von Kriegen werden in der Öffentlichkeit nur in ihrer Gesamtheit wahrgenommen. Die gefallenen Angehörigen von PSC sind meist Staatsbürger der beteiligten Interventionsstaaten, das Argument der eigenen Opferminimierung wird nicht berührt. Von einer Kostentransparenz kann auch bei militärischen Interventionen ohne PSC´s keine Rede sein.
c) Der Kern des normativen Arguments wird durch PMC´s nicht berührt jedoch hat die mangelnde Transparenz Auswirkungen auf das rationalistische Argument. Fundamentale Normen, wie Menschenrechte verändern sich nicht durch mangelnde Transparenz militärischer Interventionen. Die Verschleierung der tatsächlichen monetären Kosten und eigenen Opfer tragen zwar zur Verschiebung der Kosten- Nutzen Einschätzung bei, dieses führt jedoch nicht zu veränderten normativen Bewertungen des Gewaltverzichts. Auch bei vermeintlich geringeren Kosten bleibt die Schwelle zur Gewaltanwendung hoch, da Krieg immer mit Opfern, Kosten und politischen Risiken behaftet bleibt.

Diskussion der Thesen:

Der Rückgriff auf PSC kann insofern zu einer Infragestellung des "Gesetzes des demokratischen Frieden" führen, dass sie die demokratische Kontrolle über den Streitkräften durch das Parlament schwächen. Die Frage der Kosten kann nicht eindeutig beantwortet werden. Kurzfristig ist der Rückgriff auf PMC sicher teuerer; auf einen längeren Zeitraum kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Rückgriff für den einen oder den anderen Krieg billiger ist als der dauerhafte Unterhalt einer ständig in Waffen gehaltenen Armee.

Aus der Sicht der politischen Entscheidungsträger sind PSC sicher vor allem dann wichtig, wenn eine Grenzzahl von Soldaten bereits an der Front ist und keine zusätzlichen Truppen dort geschickt werden können. Eine moderne Armee verfügt ja in der Regel über hinreichende kompetente und sofort einsetzbare Streitkräften für kleine militärische Interventionen.

PSCs verändern die Wahrnehmung des Krieges. Zumindest verändern sie die Wahrnehmung der Medien, dementsprechend deren Berichterstattung und entsprechend das Verständnis von Kriegen innerhalb der Zivilbevölkerung. Denn dort taucht plötzlich eine geringere Anzahl an gefallenen Soldaten in den Zeitungsspalten und Statistiken auf.

Aller Voraussicht nach wird die wirtschaftliche und sicherheitspolitische Bedeutung von PSCs in Zukunft weiter zunehmen, was gleichzeitig bedeutet, dass es dringend erforderlich ist, humanitäre und völkerrechtliche Rahmenbedingungen für PSCs zu schaffen. In diesen Rahmenbedingungen könnte beispielsweise die Bedingung eingebunden sein, dass Mitglieder von PSCs im Einsatz den Kombattantenstatus erhalten. Des weiteren sollte man die Mitglieder von PSCs nach außen hin deutlich von Militärangehörigen als Zivilisten unterscheiden können. Eine besondere Kleidung oder der Verzicht auf das Tragen einer Waffe könnte es ihnen auf diesem Weg ermöglichen vom "Gegner" als Zivilperson oder schützenswerte Person wahrgenommen zu werden.
Vorteile, die im Zusammenhang mit PSCs und Krieg genannt werden (keine diplomatischen Verwicklungen von Staaten; Verschleierung von Verlustzahlen), sind aus moralisch - ethischer Sicht negativ zu bewerten. PSCs bieten aufgrund ihrer rein wirtschaftlichen Orientierung keine Gewähr, öffentliche Interessen zu vertreten. Es ist fraglich, ob die Lücken, die in Bezug auf Kontrolle, Regulierung und Überwachung von PSCs bestehen, nicht doch auch gewollt sind. Somit ist an dieser Stelle noch einmal zu betonen, dass es notwendig ist, universell gültige Verhaltensmaßstäbe in Form von Normen und Standards zu verankern, die für eine kontrollierte und regulierte Arbeit der PSCs sorgen werden. Somit könnte auch der Nutzen von PSCs gesteigert werden.