Democracy & War Online

Informations-Plattform zum Hauptseminar "Demokratischer Frieden - Demokratische Kriege" am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2005/06

2.1.06

Demokratischer Interventionismus

Sitzung am 3.1.2006

Ausgehend von Harald Müller (2003 und 2004) einerseits, den Texten von Czempiel (2000), Woodward (2001) und Finnemore (2000) andererseits, haben wir für unser Referat drei grundlegende Fragen formuliert, die auf drei Dilemmata hinweisen, denen sich sowohl eine normative Begründung wie auch eine normativistische Analyse demokratischer Interventionen stellen müssen. Die drei Autoren nähern sich diesen Fragen aus unterschiedlichen Perspektiven und mit unterschiedlicher Motivation:

• Kann angesichts der Unklarheit über die eigentlichen Gründe für eine demokratische Intervention, eine solche überhaupt aus der Perspektive der Geltung von bestimmten Normen analysiert, geschweige denn unter Berufung auf bestimmte Normen legitimiert werden?
• Wie kann normativ begründet werden, dass bestimmte Staaten das Recht haben, sich in die „inneren Angelegenheiten“ eines anderen einzumischen?
• Ist es überhaupt normativ zu rechtfertigen, dass militärische Gewalt zur Verteidigung von Menschenrechten eingesetzt wird, wenn diese doch offenbar unweigerlich zur Folge hat, dass Menschen sterben? Werden hier nicht Menschenleben gegeneinander aufgerechnet im Sinne von „im Zweifelsfall bringen wir lieber die einen um, damit sie die anderen nicht umbringen können“?

Zudem haben wir drei Thesen formuliert, die zum einen unserer Darstellung der verschiedenen Texte zugrunde liegen und zum anderen zur Diskussion gestellt werden sollen. Sie beziehen sich auf drei unterschiedliche Ebenen der Betrachtung demokratischer Interventionen; die erste auf eine analytische, die zweite auf eine praxisorientierte und die dritte auf eine normative:

1. Es ist aus einer analytischen Perspektive nicht sinnvoll, demokratische Interventionen aufgrund ihrer normativen Rechtfertigung oder ihrer normativen Rechtfertigbarkeit als etwas qualitativ zutiefst unterschiedliches von anderen Kriegen zu verstehen.
2. Für die Möglichkeiten der Planung und der Evaluierung einer militärischen Intervention und den darauf folgenden Peacebuilding-Bemühungen ist es nicht hilfreich, demokratische militärische Interventionen in erster Linie als etwas normativ „Gutes“ zu verstehen oder verstehen zu wollen. Dies verstellt den Blick auf die - vielleicht nicht intendierten – negativen Seiten und Folgen eines militärischen Eingreifens.
3. Um überhaupt den Versuch unternehmen zu können, insbesondere demokratische militärische Interventionen im Falle von humanitären Katastrophen als etwas normativ „Gutes“ rechtfertigen und legitimieren zu wollen – wie sinnvoll oder weniger sinnvoll dies auch immer sein mag - braucht man Klarheit über die eigentlichen Gründe für diese militärische Intervention.