Democracy & War Online

Informations-Plattform zum Hauptseminar "Demokratischer Frieden - Demokratische Kriege" am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2005/06

28.11.05

Ergebnisprotokoll vom 22.11.05

Monadische Ambivalenz: die Kosten des Krieges

Nach der thematischen Einführung durch die Referatsgruppe, die im Kern die Vorstellung unterschiedlicher Typen von Kriegskosten und –gewinnen zum Inhalt hatte, wurden vier Fragen diskutiert. Leider war die Zeit zu knapp die anderen Fragen anzugehen, aber sie wurden mehr oder weniger während der Sitzung erwähnt.

1. Politisch: Wie verhält es sich mit den politischen Kosten eines verlorenen Kriegs in einer Autokratie?

Obwohl unsere Gruppe dem Hinweis von Desch zugestimmt hat, dass Autokratien ebenfalls ein anfälliges System für Kosten eines Krieges sind, haben wir seine Erklärung als zu vereinfacht beurteilt. Die Erklärungen, die in der Sitzung aufkamen, haben die Kosten eines möglichen Regimewechsels oder politischen Putsches stark akzentuiert, dabei wurde immer wieder Südamerika als Beispiel herangezogen. Diese Erkenntnisse widersprechen Autoren wie Lake, die konstatieren, dass die politischen Kosten eines verlorenen Krieges (heißt: Machtverlust) in Autokratien geringer sein als in Demokratien. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass Autokratische Regierungen das Risiko eines Machtverlusts unter Umständen anders (und weniger realistisch) einschätzen. Generell wurde angezweifelt, ob Überlegungen zu einem möglichen Machtverlust im Falle einer Niederlage überhaupt im Vorlauf eines Konflikts eine Rolle spielen. Weiterhin erscheint es möglich, dass autokratische Herrscher unter Umständen einen Konflikt beginnen, weil das Risiko des Machtverlusts ohne den Konflikt noch ungleich höher wäre.

Ein Kernkonzept von Lakes Text führte zur folgenden Frage.

2. Finanziell: Ist Lakes Argumentation hinsichtlich der finanziellen Gewinne durch Krieg plausibel? Welche Kosten entstehen durch Expansion?

Lake verwendet das monadische Argument der Kosten-Nutzen Analyse, um den demokratischen Frieden mit einem umfassenden Konzept zu erklären. Weite Teile der Seminarteilnehmer der Sitzung haben diese Erklärungen als plausibel erachtet. Lakes Argumentation ignoriert die Rolle anderer wichtigen Faktoren, wie z.B. das Land oder natürliche Ressourcen. Im Anschluss daran wurde diskutiert, ob Gewinn von Territorium ausschlaggebend wäre, um einen Krieg zu führen.

3. Kalkulieren Demokratien besser (und inwiefern)? Und unterliegen sie seltener Fehleinschätzungen?

Es gab keine Zweifel, dass Überschätzungen eine gewichtige Rolle für die Entscheidung von Kriegen spielen würden. Jedoch wurde die vereinfachte Annahme, Kriege würden verhindert werden, wenn eine genauere Analyse der Stärken möglich wäre, kritisiert. In der Sitzung ging es genauer darum, was für Überschätzungen staatliche Akteure machen, wenn sie die Kosten und Gewinnen eines Krieges kalkulieren. Dabei fällt die Berechnung von Kosten und Nutzen in verschiedenen Staaten und verschiedenen Regimes unterschiedlich aus. Es konnte jedoch nicht abschließend geklärt werden, ob diese verschiedenen Kalküle verschiedener Regimetypen mit Fehleinschätzungen verbunden sind.

In Bezug auf unserer Frage wurde das Bedrohungsannehmungs-Konzept von Andrew Mack erwähnt. Mack erklärt, wie kleine Staaten Groβmächte dennoch ‚besiegen’ können. In zwei der drei Beispiele war die USA als Konfliktpartei involviert, dies zeigt anschaulich, dass auch Demokratien vor Fehlkalkulationen nicht gefeit sind.

4. Demokratischer Frieden: Reicht das Kostenargument auf mondadischer Ebene aus, um den Demokratischen Frieden zu erklären? Oder müssen Kosten anderen Ebenen oder andere Faktoren berücksichtigt werden?


Es ist im Laufe dieses Semesters eindeutig geworden, dass auch andere Analyse-Ebenen betrachtet werden müssen, um eine umfassendere Erklärung des Demokratischen Friedens zu finden. Auβerdem fehlt dem Konzept ein dynamischer Aspekt, der eine Kausalkette oder Handlungslogik mit einschließt. Kann ein Staat eigentlich den Rückschlag der internationalen Gesellschaft antizipieren? Es wurde das Konzept von „groβem Krieg, kleinem Krieg“ zur Sprache gebracht, es beweist, dass der Staat die Aktionen anderer Staaten mitberechnen muss. Diese Rechnung wird ab und zu falsch kalkuliert. Als berühmtes Beispiel wurde der erste Golfkrieg angeführt. Sadam Hussein erwähnte in einem Gespräch seine Ansicht, dass Amerika nicht intervenieren würde, wenn er Kuwait angreifen würde. Dieses Gespräch spielt eine groβe Rolle in Saddams Berechnung von Kosten und Gewinnen. Andere Beispiele schließen den ersten und zweiten Weltkriege ein.

Zum Schluss wurde die Kosten/Nutzen Analyse, als Erklärungsansatz des demokratischen Friedens, als nicht befriedigend bewertet.

Die folgenden Kritiken und Fragen gingen aus der Sitzung hervor.

A) Was sind eigentlich die monadischen und dyadischen Kosten und Gewinne für verschiedene Regime, wenn Lakes Argument nicht überzeugend ist?
B) Können rationale Akteure rationale Einschätzungen machen? Welche Rolle spielen liberale und konstruktivische Ideen, wie Institutionen und Normen?
C) Die Texte adressieren nicht die ‚non-events,’ die vielleicht eine verschiedene Erklärung für den demokratischen Frieden unterstützen würden.

bearbeitet von Doro Gaedeke, Lars Rehwinkel, Sarah Riese, Zacchary Ritter & Elena Vinokurova