Democracy & War Online

Informations-Plattform zum Hauptseminar "Demokratischer Frieden - Demokratische Kriege" am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Wintersemester 2005/06

20.11.05

Ergebnisprotokoll vom 15.11.05

Bueno De Mesquita wählt ein spieltheoretisches Modell. Ins Zentrum stellt er den rationalen Akteur, der seine Entscheidungen gemäß des utilitaristischen Menschenbilds trifft: Der politische Akteur wird als ein Kosten-Nutzen-Optimierer gesehen, der all seine Entscheidungen ausschließlich trifft, um an der Macht zu bleiben. Dies gelingt ihm, indem er die begrenzten Ressourcen im Spannungsfeld öffentlich versus privat verteilt. Öffentlich sind dabei alle Ausgaben, die der Allgemeinheit zugute kommen. Privat hingegen sind die Ausgaben, die seiner „winning coalition“ (W) zugute kommen. Die W darf dabei auf keinen Fall vernachlässigt werden, denn sie besteht aus Denjenigen, die über den Verbleib des Kandidaten im Amt bestimmen. In Demokratien argumentiert Bueno de Mesquita, sei die W so groß, dass der Einzelne direkte Vorteile ohnehin nicht mehr wahrnehmen kann und es deshalb wichtiger sei „policies“ insgesamt erfolgreich abzuschließen. Daraus folgert er nun, dass Demokratien intensivere Kriege führen, Kriege vermeiden die sie nicht gewinnen können und gegen andere Demokratien keine Kriege führen (Abschreckungsfrieden!).
These: Demokratien führen deshalb keine Kriege gegeneinander, weil ihre Exekutive fürchtet, bei einer Niederlage abgewählt zu werden.
Doch wer ist die Winning coalition? Alle Wahlberechtigten, die Wähler des Kandidaten, das Gremium das ihn tatsächlich wählt (z.B. Bundestag), die Fraktion oder Partei …? Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das politische System eines Landes?

David Auerswald wendet sich von der These eines demokratischen Friedens ab und kommt, obwohl er mit ähnlichen Grundannahmen arbeitet wie Bueno de Mesquita, in Hinblick auf die Transformation in den ehemaligen Ostblockstaaten zu dem Ergebnis, dass Kriege zwischen Demokratien, -um es etwas überspitz zu formulieren- nicht nur möglich, sondern auch wahrscheinlicher werden.
Auerswald vergleicht unterschiedliche demokratische Systeme miteinander. Er knüpft an utilitaristische Erklärungsmodelle, u.a. das von Siverson und Bueno de Mesquita aus dem Jahre 1995, an, die Gewaltanwendung zur Lösung eines internationalen Konflikts als ein rationales Kalkül demokratischer Entscheidungsträger betrachten. Dennoch, so seine These, werde unterschiedlichen institutionellen Zwängen zu wenig Beachtung geschenkt. Er unterscheidet demokratische Systeme in Hinblick auf die Frage, wie sich unterschiedliche Institutionen im Konfliktfall auswirken. Seine These: Je stärker die Exekutive, d.h. schwache ‚Accountability’ und starke ‚Agenda Kontrolle’, desto größer die Wahrscheinlichkeit von Gewaltanwendung zur Lösung eines internationalen Konflikts.
Wir problematisierten, dass demnach die öffentliche Meinung nur durch Wahlen Einfluss auf die Entscheidung über Gewaltanwendung zur Lösung eines internationalen Konflikts ausüben kann. Dem Einfluss von Meinungsbildungsprozessen durch unterschiedliche Akteuren wie dem Volk, den Medien, Interessenvertretungen, Parteien, der Legislative und/ oder der internationalen Gemeinschaft werde zu wenig Beachtung geschenkt. Eine Integration dieser Variablen in Auerswalds Modell erschien uns möglich, dennoch würde der Ansatz so wesentlich komplexer.

bearbeitet von Steffen Höhn & Jana Rosenboom